Etymologie
Schörl ist höchstwahrscheinlich nach einem der ersten Fundorte des Gesteins, der Gemeinde Zschorlau in Sachsen benannt. Eine der ältesten Beschreibungen unter der Bezeichnung „Schürl“ findet sich im Werk Sarepta oder Bergpostille des lutherischen Reformators und Pfarrers Johannes Mathesius (1504–1565) aus dem Jahre 1562.[1] Als weitere im 16. Jahrhundert gebräuchliche sprachliche Formen zählen „Schurel“, „Schörle“ und auch „Schurl“. Zudem wird Schörl, seitdem bekannt ist, dass es sich bei ihm um eine schwarze Varietät des Minerals Turmalin handelt, auch als „schwarzer Turmalin“ bezeichnet. Besonders im englischsprachigen Raum ist im wissenschaftlichen Kontext, aufgrund des hohen Eisengehaltes des Minerals, auch die Bezeichnung „iron tourmaline“ sehr beliebt.
Der Name Turmalin leitet sich vom singhalesischen Wort thuramali (තුරමලි) beziehungsweise thoramalli (තෝරමල්ලි) ab, das man ursprünglich ausschließlich für zahlreiche bunte Schmucksteine verwendete, die man aus Sri Lanka nach Europa transportierte.[2] Der Begriff setzte sich spätestens im 18. Jahrhundert – zur Zeit der Handelsdominanz der Niederländischen Ostindien-Kompanie – für die farbigen Varietäten des Minerals durch.[3]
Entstehung & Vorkommen
Schörl ist die eisenreiche, schwarze Varietät der Turmalin-Gruppe, mit idealisierter Formel NaFe2⁺3Al6(BO3)3Si6O18(OH)4. Er gehört zur Schörl–Elbait–Dravit-Serie innerhalb der Turmalin-Supergruppe und bildet sich unter pegmatitischen, metamorphen und seltener magmatischen Bedingungen bei Temperaturen von etwa 400–700 °C[1],[2].
In granitischen LCT-Pegmatiten (Lithium-Cäsium-Tantal-Typ) entsteht Schörl oft als frühkristallisiertes Mineralkomponente der äußeren Zonen, begleitet von Albit, Muskovit und Quarz[3]. In metamorphen Gneisen, Amphiboliten oder Schiefern tritt Schörl häufig mit Kyanit, Andalusit, Staurolith oder Chlorit auf, wobei die Eisenquelle aus umgelagerten Sedimenten oder Fluiden stammt[4],[5].
Die Bildung hängt stark vom pH-Wert und der Zusammensetzung des Fluidmilieus ab. Bei hohem Fe2⁺-Gehalt und niedrigen F-Aktivitäten ist Schörl stabil gegenüber Mg-reichen Dravit oder Li-reichem Elbait[6]. In pegmatitischen Systemen erfolgt seine Kristallisation früh im Verlauf der Restschmelzfraktionierung, dokumentiert z. B. durch zonierte Kristalle mit zunehmendem Li oder Mn in Richtung Kristallrand[7].
Globale Vorkommen liegen u. a. in Minas Gerais (BR), Nuristan (AF), Gilgit-Baltistan (PK), Ural und Transbaikalien (RU), Erongo (NA), Madagaskar, Schweiz, USA (Kalifornien, Maine) und Deutschland (Erzgebirge, Bayerischer Wald)[8],[9].
Aussehen & Eigenschaften
Schörl kristallisiert trigonal (Raumgruppe R3m) und bildet prismatische, vertikal gestreifte Kristalle, gelegentlich radialstrahlige Aggregate oder massige Verwachsungen. Die Mohs-Härte beträgt 7–7,5, die Dichte liegt bei 3,15–3,32 g/cm3. Spaltbarkeit fehlt, der Bruch ist uneben bis splittrig. Der Glanz ist glasartig bis fettig, an Bruchflächen matt. Die Strichfarbe ist grau bis schwarz, die Transparenz opak.
Die Farbe wird durch hohe Fe2⁺/Fe3⁺-Gehalte verursacht, welche im Y-Oktaeder Al3⁺ ersetzen. UV-VIS-Spektroskopie zeigt breite Absorptionsbanden über das gesamte sichtbare Spektrum (>400 nm), die zu vollständiger Lichtabsorption führen[10],[11].
Raman-Spektren zeigen charakteristische Banden bei ~990 und 1200 cm⁻1 (Si-O-Streckschwingungen) sowie eine ~720 cm⁻1-Bande, die mit BO3-Gruppen assoziiert ist[12]. Die OH-Streckbande liegt bei ~3500–3600 cm⁻1. In Dünnschliffen ist Schörl stark anisotrop mit ausgeprägtem pleochroischem Verhalten (braungrau bis schwarz)[13].
Typische Einschlüsse sind Quarz, Feldspat, Apatit, Hämatit, Chlorit oder Fluide. Sekundäre Veränderungen wie Umwandlung in Chlorit, Limonit oder Rutil entlang von Rissen sind verbreitet, insbesondere bei Oberflächenverwitterung[14].
Formel |
NaFe₃Al₆(BO₃)₃Si₆O₁₈(OH)₄ |
Mineralklasse |
9 |
Kristallsystem |
trigonal |
Mohshärte |
7–7,5 |
Dichte |
3,0–3,2 |
Spaltbarkeit |
schwach, prismatisch |
Bruch |
muschelig bis uneben |
Strichfarbe |
weiß bis grau |
Farbe/Glanz |
Glasglanz bis fettig |
Manipulation & Imitation
Da Schörl opak ist, sind Farbveränderungen durch Wärme- oder Strahlungsbehandlungen unwirksam. Oberflächenbehandlungen wie Polieren, Ölen oder Wachsen werden gelegentlich angewendet, um Glanz und Oberflächenqualität zu verbessern, besonders bei Cabochons. Diese sind durch FTIR-Spektroskopie (Banden bei ~2850–2950 cm⁻1) oder Gasblasen unter Vergrößerung nachweisbar[15].
Im Handel existieren Imitationen aus gefärbtem Glas, Obsidian oder Onyx. Diese lassen sich durch optische Anisotropie, Härte, Dichte und Raman-Spektroskopie unterscheiden. Synthetischer Schörl ist nicht verfügbar; synthetische Turmaline beschränken sich auf farbige Elbait- und Dravit-Varianten[16].